Schmerzen und Angst: Unvereinbar mit der Lust zum Sex?
In meiner Studie zur sexuellen Gesundheit hat sich eine erstaunliche Erkenntnis gezeigt: Trotz häufiger Schmerzen beim Sex berichten einige Frauen von einer hohen sexuellen Zufriedenheit. Dies wirft die Frage auf: Geben sich viele Frauen einfach mit Schmerzen zufrieden? Sollten sexuelle Begegnungen nicht vollkommen schmerzfrei sein? In diesem Artikel möchte ich die Bedeutung von schmerzfreiem Sex beleuchten und Wege aufzeigen, wie Lust und Intimität ohne Schmerzen erlebt werden können.
Warum Schmerzen und Lust oft unvereinbar sind
Schmerzen beim Sex, auch als Dyspareunie bekannt, führen oft zu einer natürlichen Abwehrhaltung. Das Nervensystem reagiert mit Stress und Angst, sobald die Erwartung von Schmerzen aufkommt, was unweigerlich die Lust mindert. Wie schon in einer Studie von Masters & Johnson aufgezeigt, verschwindet die sexuelle Lust, wenn Angst oder Stress ins Spiel kommen – egal ob es sich um die Angst vor Schmerzen, Versagensängste oder Leistungsdruck handelt.
Sexuelle Lust und Entspannung stehen in engem Zusammenhang. Warum sollte jemand Sex wollen, wenn er oder sie damit Schmerzen assoziiert? Das Nervensystem macht in solchen Fällen „dicht“ und blockiert jede Art von Erregung. Dies kann zu einem Teufelskreis führen, in dem die Angst vor Schmerzen die Lust weiterhin hemmt und das Sexualleben nachhaltig beeinträchtigt.
Sind Schmerzen beim Sex normal?
In meiner Studie habe ich festgestellt, dass Frauen, die häufig Schmerzen beim Sex erleben, dennoch von sexueller Zufriedenheit berichten können. Doch hier stellt sich die Frage: Ist es wirklich normal, sich mit Schmerzen beim Sex abzufinden? Viele Frauen gewöhnen sich an die Schmerzen und sehen sie möglicherweise als unvermeidlichen Teil der Sexualität an. Doch das sollte nicht der Standard sein. Sexuelle Begegnungen sollten frei von Schmerzen sein, es sei denn, es handelt sich um einvernehmliche Praktiken wie BDSM, bei denen Schmerzen bewusst ein Teil des Erlebnisses sind.
Für die meisten Frauen jedoch, die keine bewusste Auseinandersetzung mit BDSM haben, sollte schmerzfreier Sex die Norm sein. Es ist wichtig, dass Frauen den Mut finden, ihre Bedürfnisse klar zu kommunizieren und schmerzfreie, lustvolle Begegnungen einzufordern.
Wie kann Sex ohne Schmerzen gelingen?
Langsamkeit und Achtsamkeit sind entscheidend, um den Körper auf den sexuellen Kontakt vorzubereiten. Der weibliche Körper braucht in der Regel zwischen 20 und 40 Minuten Vorspiel, um vollständig „aufzuwärmen“. Dabei sollte der gesamte Körper in das Vorspiel einbezogen werden, um eine tiefe Entspannung zu erreichen. Dies bedeutet:
Vorspiel verlängern: Der Körper braucht Zeit, um sich auf den Geschlechtsverkehr vorzubereiten. Genitalien und der Beckenbereich müssen gut durchblutet werden, um den Sex angenehm und schmerzfrei zu machen. Hierbei hilft es, den gesamten Körper zu stimulieren – Berührungen an Armen, Beinen, Rücken und Brust können die Muskelgruppen um die Vagina entspannen und die Durchblutung fördern.
Gleitmittel verwenden: Gleitmittel kann helfen, Schmerzen durch Trockenheit zu verhindern. Natürliche Öle wie Kokosöl sind eine gute Option, aber bei der Verwendung von Kondomen sollte man auf reguläres Gleitgel achten, da Öl Kondome porös machen kann.
Langsamkeit und Achtsamkeit im Akt: Der Akt selbst sollte langsam und achtsam gestaltet werden. Sex muss nicht hastig sein – das langsame Hineinspüren, tiefes Atmen und die achtsame Wahrnehmung der eigenen und der Partnergefühle sind essenziell.
Kommunikation während des Sex: Es ist wichtig, während des Geschlechtsverkehrs offen und ehrlich über das eigene Empfinden zu sprechen. Falls Schmerzen auftreten, sollte sofort eine Pause eingelegt und darüber geredet werden.
Der Vagina Zeit geben: Besonders der weibliche Körper braucht oft Geduld. Durch das langsame Eindringen und ein behutsames Hinspüren kann der Körper die notwendige Zeit bekommen, um sich an den Kontakt anzupassen. Mit der Einbeziehung des gesamten Körpers und der Entspannung wird die Muskulatur um die Vagina herum weicher und der Geschlechtsverkehr angenehmer.
Die Auswirkungen von Schmerzen auf die sexuelle Lust
Schmerzen beim Sex können langfristig zur sexuellen Unlust führen. Warum sollte ich Sex haben wollen, wenn er mir Schmerzen bereitet? Das ist eine berechtigte Frage, die viele Betroffene umtreibt. Wenn der Körper durch Schmerzen oder Angst blockiert wird, fällt es schwer, Lust zu empfinden. Die Rolle des Nervensystems ist hier entscheidend: Sobald Angst ins Spiel kommt, wird die Erregung gehemmt. Dies kann sich nicht nur auf Schmerzen beziehen, sondern auch auf andere Ängste, wie die Angst vor Leistungsdruck oder Versagen, etwa bei Erektionsstörungen.
Fazit: Schmerzen und Lust – Unvereinbar ohne offene Kommunikation und Achtsamkeit
Schmerzen und Angst sind unvereinbar mit Lust beim Sex. Es ist wichtig, dass wir als Gesellschaft und als Einzelpersonen lernen, über sexuelle Bedürfnisse, Grenzen und Schmerzen zu sprechen. Frauen sollten nicht in die Position kommen, Schmerzen zu akzeptieren, sondern stattdessen achtsame, schmerzfreie sexuelle Begegnungen einfordern. Mit einer Kombination aus Langsamkeit, Kommunikation, Achtsamkeit und körperlichem Wohlbefinden kann Sex zu einer erfüllenden und schmerzfreien Erfahrung werden.
Wenn du das Gefühl hast, Unterstützung bei der Erkundung deiner sexuellen Bedürfnisse oder bei der Überwindung von Schmerzen zu benötigen, stehe ich dir sowohl als Einzelperson als auch als Paar gerne zur Seite. Gemeinsam können wir Wege finden, um deinen Körper und eure gemeinsame Sexualität besser zu verstehen und eine erfüllende, schmerzfreie Intimität zu erleben. Meldet euch dafür gerne bei mir.
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Falls du an den vollständigen Forschungsergebnissen interessiert sein, solltest, kann ich die gerne mit dir teilen. Weitere Erkenntnisse der Studie findest du hier.