Wie du deine sexuelle Lust besser verstehen lernen kannst
In der heutigen Gesellschaft wird das Thema sexuelle Lust oft durch verzerrte Darstellungen in Hollywood und Pornografie geprägt, die ein unrealistisches Bild von Sexualität vermitteln. Viele Menschen haben Schwierigkeiten, sich ihrer eigenen Bedürfnisse und Wünsche bewusst zu werden.
Was erregt mich? Was stört mich?
Um die eigene sexuelle Lust zu verstehen und zu fördern, ist es wichtig, sich mit diesen Fragen auseinanderzusetzen. Das Dual Control Modell, entwickelt von den Sexualwissenschaftlern John Bancroft und Michael S. Exton, bietet eine hilfreiche Grundlage, um die komplexen Prozesse hinter sexueller Lust und Unlust zu erfassen. In diesem Artikel beleuchte ich die beiden Hauptkomponenten des Modells – Antreiber (Gaspedal) und Hemmer (Bremspedal) – und gebe dir eine Übung an die Hand, wie du deine eigene sexuelle Lust besser verstehen und fördern kannst.
Das Dual Control Modell
Das Dual Control Modell beschreibt, dass sexuelle Lust von zwei gegensätzlichen Kräften beeinflusst wird: den Antreibern und den Hemmern. Diese beiden Elemente arbeiten zusammen und beeinflussen unsere sexuelle Erregung und unsere Fähigkeit, Lust zu empfinden.
Antreiber (Gaspedal): Diese Faktoren können sexuelle Lust fördern und die Erregung steigern. Beispiele hierfür sind:
Positive körperliche Empfindungen: Ein Gefühl von Gesundheit und Vitalität kann die Lust steigern. Aktivitäten wie Tanzen im Club, ein entspannender Besuch im Hammam, oder das Auftragen von sinnlichen Körpercremes können dazu beitragen, ein gesteigertes Körperbewusstsein zu fördern.
Emotionale Verbundenheit: Wenn du und dein Partner regelmäßig Zeit miteinander verbringen, um über eure Gefühle zu sprechen oder gemeinsame Erlebnisse zu teilen, kann dies das Vertrauen und die Intimität erhöhen. Eine entspannende Umarmung kann das Nervensystem regulieren und zur tiefen Verbundenheit führen. Auch ein paar Minuten intensiven Blickkontakts zeigen, was im Moment zwischen euch ist und helfen, die Emotionen sichtbar zu machen.
Sinnliche Berührungen: Massagen oder zärtliches Streicheln (ohne Absicht) können die Lust steigern, indem sie das Körperbewusstsein erhöhen und eine tiefere Verbindung schaffen.
Hemmer (Bremspedal): Diese Faktoren können die sexuelle Lust einschränken oder blockieren. Beispiele hierfür sind:
Stress und Müdigkeit: Ein anstrengender Arbeitstag oder Schlafmangel kann die Lust stark beeinträchtigen.
Negative körperliche Empfindungen: Schmerzen oder Unbehagen beim Sex, etwa durch vaginale Trockenheit oder Schmerzen bei der Penetration, können eine große Bremse darstellen.
Emotionale Distanz: Wenn du und dein Partner Konflikte haben oder sich emotional voneinander entfernen, wird es schwer, sexuelle Anziehung zu empfinden. Das kann durch unverarbeitete Konflikte oder Missverständnisse entstehen.
Unsicherheit über den eigenen Körper: Negative Gedanken über das eigene Körperbild oder das Gefühl, nicht attraktiv zu sein, können ebenfalls die sexuelle Lust mindern.
Praxis-Tipp: Dein persönliches Gaspedal und Bremspedal
Falls du Zeit und Lust hast, möchte ich dich dazu motivieren, eine Liste mit Elementen anzulegen, die dich sexuell erregen (Gaspedal) und abturnen (Bremspedal).
Versetze dich gerne bei deinem Gaspedal in eine Situation zurück, in der du eine besonders schöne sexuelle Erfahrung hattest. Was hat dir damals Freude bereitet?
Bei deinem Bremspedal könntest du dich in eine äußerst unangenehme oder negative Erfahrung hineinfühlen. Was hat damals dein sexuelles Verlangen gehemmt?
Hier sind einige Bereiche, an denen du dich orientieren kannst:
Mental + Physisch: Physische Gesundheit, Körpergefühl, Stimmung, Ängste, Ablenkungen oder Fokus sowie die Einschränkung sexueller Funktionen.
Partner:in: Aussehen, physische und mentale Gesundheit sowie Geruch des Partners oder der Partnerin.
Beziehung: Vertrauen, Machtdynamiken, emotionale Verbundenheit, das Gefühl, begehrt zu werden, und die sexuelle Frequenz (Häufigkeit des Sex).
Umgebung: Private oder öffentliche Settings, zu Hause, am Arbeitsplatz, im Urlaub, über Distanz (Telefon, Chat), und die Wahrnehmung des Partners in positiv oder negativ konnotierten Situationen (z. B. im Umgang mit Familienmitgliedern oder Kollegen).
Lebensumstände: Stress im Job, familiärer Stress, besondere Anlässe wie Urlaub, Geburtstage oder Jahrestage.
Dein Verhalten: Eigene oder vom Partner geführte Fantasien, Dirty Talk, berührte Körperteile, orale Praktiken und Geschlechtsverkehr.
Kickstarter: Was bringt dich sofort in Stimmung?
Uhrzeit: Bevorzugte Zeiten für Sex (z. B. morgens, abends, tagsüber) und Zeiten, die für dich nicht in Frage kommen.
Unterstützung auf deinem Weg
Die Beschäftigung mit dem Dual Control Modell und das Reflektieren über die eigenen Antreiber und Hemmer kann eine wertvolle Methode sein, um die sexuelle Lust besser zu verstehen. Indem du dir Zeit nimmst, um herauszufinden, was dich anregt und was dich hemmt, kannst du deine sexuelle Erfüllung und Intimität in deiner Beziehung fördern.
Wenn du dabei Unterstützung benötigst, stehe ich dir gerne zur Seite und begleite dich auf deinem Weg. Du kannst mich hier kontaktieren.