Wie eigene Erfahrungen meine Berufung als Sexualtherapeutin formten
Warum Paar- und Sexualtherapie?
Manchmal sind es genau die persönlichen Herausforderungen, die den Weg in einen Beruf ebnen, den man vielleicht nicht immer vor Augen hatte – so auch bei mir und meiner Reise zur Paar- und Sexualtherapeutin. Es ist kein typischer Werdegang, und vielleicht genau deshalb der richtige. Denn was gibt es Besseres, als aus eigener Erfahrung zu wissen, wie tiefgreifend und heilend das Verständnis der eigenen Sexualität und Beziehungen sein kann?
Die Frage, warum jemand sich für diesen Beruf entscheidet, ist oft komplexer, als es auf den ersten Blick scheint. Paar- und Sexualtherapie geht weit über das Vermitteln von Techniken hinaus – es ist eine Einladung an Menschen, sich selbst in einer Weise kennenzulernen, die oft viel tiefer geht als das, was sie erwarten. Sexualität ist ein zentraler Teil unseres Lebens, aber gleichzeitig ein Bereich, der mit vielen Tabus, Ängsten und Unsicherheiten behaftet ist.
Menschen auf dem Weg zu begleiten, ihre eigene Sexualität zu entdecken, setzt voraus, dass man sich dieser Entdeckungsreise selbst gestellt hat. Es geht darum, intime, oft schambesetzte Themen in einem geschützten Raum zu erforschen, der frei von Urteilen ist. Für mich war es ein persönlicher und beruflicher Weg, auf dem ich viel über mich selbst gelernt habe – und auf dem ich gelernt habe, dass ich andere Menschen auf ihrer Reise begleiten möchte.
Meine eigene Reise durch die Themen, die mich geprägt und bereichert haben
Bevor ich den Weg der Therapeutin eingeschlagen habe, musste ich meine eigenen Hürden nehmen. Diese Erlebnisse haben mich geprägt und befähigt, Menschen mit einem tiefen Verständnis und Mitgefühl zu begleiten. Hier sind einige der wichtigsten Stationen auf meiner Reise:
Sexuelle Unlust: Eine Phase in meinem Leben, in der Intimität zur Herausforderung wurde. Durch Reflexion und das Erforschen meiner eigenen Bedürfnisse lernte ich, wie tief psychische und emotionale Faktoren unser sexuelles Verlangen beeinflussen können.
Schmerzen beim Sex: Ich weiß aus erster Hand, wie belastend Schmerzen beim Sex sein können und wie wenig darüber gesprochen wird. Der Weg zurück zu einem entspannten und schmerzfreien Sexleben war für mich persönlich und beruflich eine der wertvollsten Erkenntnisse.
Vaginale Krankheiten: Eine Herausforderung, die mir zeigte, wie sehr unser Körper mit unseren Emotionen und unserem Umfeld in Verbindung steht. Unser Körper kommuniziert oft über Krankheiten, wenn emotionale Belastungen oder unausgesprochene Themen ungelöst bleiben. Gesundheit und Sexualität sind untrennbar miteinander verbunden, und der Körper gibt uns wichtige Signale, die es zu verstehen gilt.
Früher, traumatisierender Tod des Vaters: Dieser Verlust hat mein Leben zutiefst geprägt. Er hat mir gezeigt, wie der Tod uns nicht nur emotional, sondern auch auf körperlicher Ebene beeinflussen kann, wie er Beziehungen verändert und wie man trotz allem Liebe und Intimität leben kann.
Angespannte Mutter-Tochter-Beziehung: Eine prägende Beziehung, die mich immer wieder herausforderte und mich tief in meine eigenen Muster und Bedürfnisse blicken ließ. Sie hat mir geholfen, den Wert gesunder Abgrenzung zu verstehen, ohne den Wunsch nach Nähe aufzugeben, und die Kraft der Vergebung wirklich zu begreifen.
Chronische Krankheit: Sie hat mich gelehrt, dass es in Beziehungen und in der Sexualität nicht um Perfektion geht, sondern darum, mit dem zu arbeiten, was gerade da ist. Viele körperliche Symptome waren Ausdruck alter, ungelöster Themen, die sich in meinem Körper manifestiert hatten. Der Schlüssel lag darin, mich mit diesen Themen zu zeigen und sie anzunehmen, um letztlich die körperlichen Symptome zu akzeptieren und damit einen Weg zur Heilung zu finden.
Häufig wechselnde Partnerschaften: Diese Phase meines Lebens half mir zu verstehen, wie wichtig es ist, in einer Beziehung nicht nur nach außen zu schauen, sondern auch nach innen. Was suchen wir wirklich in anderen, wenn wir uns selbst nicht gefunden haben?
Ein Leben nach Chem-Sex: Ich habe erfahren, dass Heilung nach Abhängigkeit möglich ist – und dass echte Intimität und tiefe Verbundenheit auch ohne Drogen ebenso intensiv und erfüllend sein können. Es ging darum, meine Sexualität auf eine neue, gesunde und lustvolle Weise wiederzuentdecken.
Sexualität in der Schwangerschaft: Eine völlig neue Dimension von Körperbewusstsein, die mich gelehrt hat, dass sich der Körper verändert – von der Lage der Cervix über die Empfindlichkeit der Brüste bis zur Größe der Vulvalippen – und wie sich dadurch auch die Sexualität verändert. Intimität basiert nicht auf körperlicher Perfektion, sondern darauf, sich mit diesen neuen Gegebenheiten vertraut zu machen und das innere Erleben zu vertiefen.
Sexualität nach einer Geburt (on going): Eine weiterhin fortlaufende Reise, die sich ständig verändert. Die hormonellen Umstellungen in der Stillzeit spielen eine große Rolle und beeinflussen die Sexualität tiefgreifend. Im neuen Kontext der Mutterschaft wird die sexuelle Verbindung nicht nur reflektiert, sondern sie kann sich komplett verändern – oft wird sie kompromissloser und bewusster, da die eigenen Bedürfnisse neu definiert werden.
Kulturelle Unterschiede in Beziehungen: Partnerschaften zwischen unterschiedlichen Kulturen können eine wunderbare Bereicherung sein, aber auch Herausforderungen mit sich bringen. Ich habe gelernt, wie wichtig Offenheit, Kommunikation und das Verständnis für unterschiedliche Prägungen sind.
Ein neues Frauenbild: In Frauenkreisen erfahre ich, wie der Wandel vom Konkurrenzdenken hin zu Weichheit und Akzeptanz alte Wunden heilt. Anstatt kritisch zu sein, öffnen wir unser Herz, nehmen uns gegenseitig an und stärken einander. Diese Verbindungen helfen, das Frauenbild zu transformieren und empowern uns, unsere Weiblichkeit mit Stolz und Stärke zu leben.
Warum ich Menschen auf ihrer Reise begleite
Aus diesen eigenen Erfahrungen habe ich eine tiefe Überzeugung entwickelt: Beziehungen – sei es zu einem Partner, zu anderen oder zu sich selbst – sind der Schlüssel zu einem erfüllten Leben. Sexualität ist nicht nur ein Akt, sondern ein Ausdruck von Lebendigkeit, Intimität und Verbundenheit. Mein Antrieb, Paar- und Sexualtherapeutin zu werden, kam aus dem Wunsch heraus, Menschen dabei zu unterstützen, ihre eigenen Blockaden zu erkennen und zu überwinden.
Es geht darum, einen Raum zu schaffen, in dem Ehrlichkeit, Verletzlichkeit und authentisches Wachstum möglich sind. Manchmal bedeutet das, mit meinen Klienten über schmerzvolle Themen zu sprechen, manchmal heißt es, neue Wege aufzuzeigen und Perspektiven zu eröffnen. Oft inspiriere ich durch die Vorbilder, die mich selbst umgeben, und unterstütze dabei, Themen an der Wurzel zu packen.
Denn was ich auf meiner eigenen Reise am meisten gebraucht habe, war nicht nur Verständnis und Raum, sondern auch die Ermutigung, eine lustvolle Sexualität und eine gesunde, nachhaltige Beziehung leben zu wollen. Genau das möchte ich meinen Klienten bieten: Unterstützung, um diese Ziele zu erreichen und dabei authentisch sie selbst zu sein.
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In den kommenden Wochen werde ich die genannten Themen in separaten Blog-Einträgen vertiefen und in den gesellschaftlichen Diskurs setzen. Dabei möchte ich persönliche Einblicke mit Forschungsergebnissen verbinden und Impulse zur Selbsthilfe geben - als Unterstützung auf deinem eigenen Weg zu mehr Entfaltung und Authentizität, oder vielleicht auch einfach nur, um dein Interesse zu wecken.